Letztes Wochenende waren wir wieder am Geiseltalsee unterwegs. Doch diesmal spielte der See nur eine erfrischende Nebenrolle, Hauptziel war Schloss Frankleben. Mittelalterliches Schlossfest war angesagt, bis dato wusste ich nicht einmal, das es dort ein Schloss gibt.
Dabei könnte ich in dem Schloss sogar übernachten, denn es ist eine Pilgerherberge, die auch nicht pilgernden Gästen offen steht. Fünf Doppelzimmer und zwei Einzelzimmer bieten ein einfaches, rustikales Quartier für die Nacht. Heute ist auch die bescheidene Schenke bewirtschaftet und in dem urtümlichen Schlosshof sind Sitzplätze hergerichtet. Später führt ein Schlossfräulein durch fast alle Räume, da sind wir auf jeden Fall dabei.
Schloss Frankleben Eingang Schloss Frankleben
Ruhm, Ehre oder doch Erschöpfung
Bis das Schlossfräulein zur Führung bereit ist, schauen wir dem mittelalterlichen Treiben zu, das von Dudelsackklängen begleitet wird. Allerlei Kurzweil bekommen wir geboten, gleich werden die edlen Ritter um Ruhm und Ehre kämpfen. Wenn ich mir deren schweres Rüstzeug so anschaue, sehe, wie die Jungs in ihren Blechernen schwitzen und auf einander eindreschen, glaub ich nicht mehr an ruhmreiche Siege. Ich denke die alten Ritter sind eher an Erschöpfung oder Hitzschlag gestorben als an ihren Wunden.
Vom Schlossturm bis in Verlies
Dann dürfen wir, gut geführt, durch das rund 800 Jahre alte Schloss stromern und hören interessante Geschichten dazu. An den Deckenbalken erkennen wir noch Reste der Malerei, wir erfahren was es mit den Sitzportalen auf sich hat und warum eine Jakobsmuschel das Portal ziert. Ich steige die, glaub 98, Stufen bis unter das Gebälk des Turmes hinauf und schaue durch ein enges Fenster auf den Schlosspark. Später gehe ich auch die feuchten Treppestufen ins dunkle, modrige Verlies, wate durch knöcheltiefes Wasser bis an den Schandstein. In der Mitte steht noch der Schandstein – dort wurden Missetäter angekettet.
Sitzportal Im Verlies
Auf den steinernen Sitzen saßen Schlossbewohner und warteten auf die Heimkehr des Schlossherrn – oder so.
Heim für Adelsfamilien und Aussiedler
Das Schloss gehörte der sächsischen Uradelsfamilie Bose, die einst bedeutend gewesen sein soll, hab nie bewusst davon gehört. Ein Nachfahre ist übrigens der gegenwärtige Datenschutzbeauftragte des Landes Sachsen-Anhalt. Nachdem die Adligen mit der Bodenreform enteignet wurden, diente ihr ehrwürdiges Schloss Jahrzehnte fremden Zwecken. Aussiedler aus Polen und Schlesien kamen nach 1945 hier unter, ein ehemaliger Bewohner war sogar in unserer Runde. Er konnte sich noch gut erinnern wie die Räume aufgeteilt und verbaut wurden. Zeitweise war wohl auch ein Kindergarten hier drin untergebracht.